Eindrücke aus dem Irak

6.11.2008 von oliver

Eine amerikanische Freundin von mir hat sich ein Jahr Auszeit genommen, um im Irak zu arbeiten. Sie arbeitet in einem Krankenhaus der amerikanischen Botschaft. Ihre erste Woche geht gerade zu Ende und ich habe sie per Skype zu ihren ersten Eindrücken gefragt. Ich nenne sie einfach „X“.

Oliver: Hast Du bereits gearbeitet?

X: Ja, die ganze Woche schon. Die Arbeit ist in Ordnung. Unsere Abteilung ist neu, deswegen muss ich viel organisieren.

Oliver: Du arbeitest in einem Krankenhaus. Hat man da viel mit Opfern von Autobombenexplosionen zu tun?

X: Kaum. Die Leute, die zu uns kommen, sind einfach krank. Hauptsächlich Papierschnittwunden. (lacht)

Oliver: Sind die Leute im Allgemeinen gut oder schlecht drauf?

X: Ich würde sagen, sie sind ziemlich gleichgültig. Die meisten wollen aber schon hier sein. Viele sind hier für ein Jahr. Sie können sich hinterher aussuchen, wo sie hin möchten. Die meisten träumen von einem Leben am Strand oder so etwas.

Oliver: Wie hat man auf die Wahl Obamas zum Präsidenten reagiert?

X: Gleichgültig. Die Leute zeigen ungern ihre Gefühle. Viele haben Angst davor, dass sie den Irak verlassen müssen, weil Obama gegen den Krieg ist. Das Leben dieser Menschen dreht sich um den Krieg. Manche wollen gar nicht mehr weg. Es ist wie eine Fantasiewelt. Sie können tun und lassen, was sie wollen, und nie wird jemand etwas davon erfahren. Ich höre viele Geschichten von weißen Amerikanern über ihre Iraki Freundin. Mit Betonung auf „Iraki“, als ob sie noch andere Freundinnen hätten.

Oliver: Ist man sehr beschäftigt oder hat man viel Freizeit?

X: Die Leute sind beschäftigt, aber sie können sich die Zeit selbst einteilen. Hauptsache ihre Arbeit wird verrichtet. Manche gehen erst um 10 Uhr zur Arbeit. Ich habe leider feste Arbeitszeiten und keine Überstunden.

Oliver: Muss man für Dinge bezahlen oder gibt es alles umsonst?

X: Ich werde mit allem versorgt. Für Dinge wie Seife, Shampoo oder Souvenirs muss ich selbst aufkommen, aber Essen ist umsonst. Das Essen ist übrigens sehr gut hier.

Oliver: Man wird verwöhnt.

X: Ja. Alles, was ich brauche, ist nur wenige Schritte entfernt. Ich habe WLAN, Flachbild-TV, DVD und Kabelfernsehen. Es gibt hier ein Kino, in dem jeden Abend Filme laufen. Und eine Bar (Drinks müssen wir selbst bezahlen).

Oliver: Also ein volles Gehalt, aber kaum Ausgaben.

X: Ja, plus 50% Zuschlag und Reisegeld.

Oliver: Wird vor Ort in amerikanischen Dollars bezahlt?

X: Ja. Aber die Dinge sind so billig hier, weil alles dem Militär gehört und man keine Steuern bezahlen muss. Aber es gibt auch ein paar Dinge, die nerven. Da mein Gebäude neu ist, funktioniert die Klimaanlage noch nicht richtig. Sie ist permanent auf kalt gestellt. Ich friere nachts. Und irgendwann wird mir der Sand auf die Nerven gehen. Sand ist einfach überall.

Oliver: Hat man Kontakt zu Irakis? Gehen die Leute in benachbarte Städte oder Dörfer?

X: Wir sind inmitten einer Stadt. Die Leute gehen oft aus, um Irakis zu besuchen, einzukaufen oder in Restaurants zu essen. Obwohl das eigentlich verboten ist. Ich arbeite mit ein paar Irakis, aber die verheimlichen vor ihren Landsleuten, dass sie für die Amerikaner arbeiten. Die Typen mit ihren Iraki Freundinnen besuchen sie außerhalb. Die Frauen würde hier gar nicht reinkommen, weil alles abgeriegelt ist. Man braucht sogar für verschiedene Bereiche verschiedene Ausweise. Manche tragen T-Shirts, auf denen steht: „Du brauchst einen Ausweis für Sex.“

Oliver: Wie ist das Verhältnis Männer zu Frauen?

X: Etwa 10 zu 1. Die Männer sind alle um die 40 oder 45 und haben Bierbäuche. Ich freue mich auf meinen Besuch der Militärbasis am Wochenende. In meiner Fantasie sind da nur junge, durchtrainierte Soldaten mit Sixpacks.

(Fortsetzung folgt.)

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