Frollein Ref.

14.10.2008 von maria

Nach 3 Monaten Referendariat im Zivilgericht und unzähligen Bechern mehr oder weniger guten Kaffees  ist es Zeit für ein kleines Resumee: Referendariat ist zwar anstrengend, macht aber Spaß. Wesentlich mehr Spaß als das doch etwas trockene Studium. Neben Lernen und Klausurenschreiben bekommt man jede Woche eine Akte von seinem ausbildenen Richter in die Hand gedrückt und fertigt daraus ein Urteil. Darüber hinaus ist man in den Verhandlungen dabei, sitzt auf dem Podest neben dem Richter und schaut gewichtig in die Runde. Die Verhandlungen sind zum größten Teil aber relativ langweilig. Meist erscheinen ohnehin nur die Anwälte und dann liegt die durchschnittliche Verhandlungsdauer bei zwei Minuten: Anträge aufnehmen, das Gericht sagt kurz seine Meinung zum Streitfall -dass heißt dann: die Sach- und Rechtslage wurde erörtert- und das war es. Entweder der Richter fällt sofort ein Urteil – was leider nicht so spannend ist, wie im Strafprozess: kein Aufstehen, kein strenger Blick, in Deutschland sowieso keine Richterhämmerchen, sondern einfach nur der routinemäßige Kommentar zur Protokollführerin: erkannt und verkündet. Wenn der Fall etwas komplizierter ist, schaut er sich zu Hause noch einmal die Akte an und überlegt sich dann etwas. Da sehr eng terminiert ist, herrscht ein reges Kommen und Gehen. Kontakt mit dem normalen Volk besteht idR nur bei den Zeugen- oder Parteivernehmungen. Bei diesen besteht die Kunst darin, den Zeugen nicht sein halbes Leben erzählen zu lassen und trotzdem alle relevanten Informationen aus ihm herauszukitzeln. Vielen fällt es schwer, ihre tatsächlichen Wahrnehmungen, die sie beschreiben sollen, von Schlußfolgerungen abzugrenzen, die für das Gericht irrelevant sind. Die Zeugenvernehmungen ziehen sich manchmal wie ein Kaugummi hin, während der Magen ob der herannahenden Mittagszeit knurrt und die Augenlider herunterzufallen drohen. Da sorgt es wenigstens für Spannung, wenn mal ein Zeuge seinen Emotionen freien Lauf lässt und weint oder herumbrüllt.

Foto: plex

Die Berliner Gerichtsgebäude sind zum großen Teil architektonisch einen Besuch wert: imposante riesige Eingangshallen mit Kuppel und Deckenbemalung, Statuen, Kronenleuchter, Gemälde. Da man zumindest in die Amtsgerichte auch ohne Personalausweis hereinkommt, kann ich deren Besichtigung auch für Touristen nur empfehlen. Wer sich ohnehin am Alexanderplatz tummelt, kann also ruhig einen Abstecher in die Littenstraße zum Amts- und Landgericht machen. Übrigens: die Verhandlungen sind in der Regel öffentlich. Wer interessiert ist, kann also zuschauen.

Das sind Bilder der Eingangshalle des AG Mitte und LG Berlin. Leider nur mit der Handykamera fotografiert, aber ich denke, die Atmosphäre ist trotzdem zu spüren.

Unter Recht und Ordnung


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